DIE DEUTSCH-SERBISCHEN BEZIEHUNGEN IN DER HISTORISCHEN RETROSPEKTIVE

Липар 84 (2024) (стр. 165-187)

АУТОР(И) / AUTHOR(S): Raoul Ott

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DOI: 10.46793/LIPAR84.165O

САЖЕТАК / ABSTRACT:

Der Aufsatz folgt der Frage, welche Charakteristika die deutsch-serbischen Beziehungen seit dem 19. Jahrhundert in besonderem Maße geprägt und ausgezeichnet haben. Weiterhin wird anhand eines elitenzentrierten Ansatzes herausgearbeitet, welche Ziele die jeweiligen gesell- schaftlichen Eliten in den deutsch-serbischen Beziehungen verfolgten. Die methodischen und theoretischen Grundlagen basieren daher auf der Ideologiekritik, dem politischen Realismus sowie auf der Hegemonietheorie. Auffallend für die serbisch-deutschen Beziehungen ist vor allem ein stetes Wechselspiel zwischen Phasen der Annäherung und Phasen der Fremdheit, bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Von deutscher Seite, in besonderem Maße während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, bestand in der Historie fast kontinuierlich ein Interessensgegensatz mit den serbischen Positionen in der Außenpolitik. Dieser manifestierte sich dergestalt, dass Deutschland seinen Einfluss in der Region Südosteuropa ausbauen wollte. Somit kollidierte die deutsche Außenpolitik zwangsläufig mit den Interessen der Regionalmacht Serbien, in besonders exzessiver Form während des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Dieser Gegensatz scheint auch in der Gegenwart nach wie vor kaum etwas von seiner Wirkmächtig- keit verloren zu haben. Auch die historische Phase während der Teilung Deutschlands und der Einbindung Serbiens in den größeren Bundesstaat Jugoslawien stellt rückblickend keine grundlegende Abweichung von dieser Entwicklung dar.

КЉУЧНЕ РЕЧИ / KEYWORDS:

Serbien, Deutschland, Jugoslawien, internationale Beziehungen, Eliten, Ideologie, Geschichte, Kultur, Hegemonie, Herrschaft

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